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Krieg in Äthiopien bricht aus: Was bedeutet das für Eritrea und die Eritreische Diaspora in der Schweiz?

Medienmitteilung 11.11.2020

Über die bevorstehende Eskalation zwischen Äthiopien und Tigray wurde in den Schweizer Medien berichtet, allerdings wurde der Bezug zu Eritrea nicht oder nur teilweise gemacht. Dies, obwohl die eritreische Regierung in den Konflikt einschreiten könnte. Wir finden es wichtig, dass in der Schweiz über den Konflikt in Bezug auf Eritrea und der eritreische Bevölkerung in der Schweiz berichtet wird. Insbesondere möchten wir hervorheben, dass sehr viele Eritreer*innen in der Schweizer Diaspora stark vom Konflikt betroffen sind. Uns ist es wichtig, dass die Stimmen der Eritreer*innen in der Schweiz ebenfalls gehört werden.

Wir fragen uns: 

  • Welches Interesse hat Eritrea, in den Konflikt einzuschreiten?
    Die eritreische Regierung hat verschiedene Interessen, die Region Tigray anzugreifen: (1) Viele Geflüchtete leben im Gebiet, welche oft oppositionell sind (mehrere 1000). (2) Oppositionelle Parteien leben in Tigray. (3) Seit dem Grenzkrieg herrschen Konflikte zwischen der TPLF und der eritreischen Regierung. Der historischen Kontext des Konflikts und die mögliche Folgen des Krieges werden von Vanessa Tsehaye (Aktivistin und Gründerin von OneDaySeyoum) in ihrem Video ausführlich erklärt.

  • Was bedeutet der Krieg zwischen Äthiopien und Tigray für die Eritreer*innen in der Schweiz? Die Eritreische Diaspora ist stark besorgt und betroffen. Der Grossteil der Eritreer*innen in der Schweiz haben Verwandte in Tigray, da in der Grenzregion viele eritreische Geflüchteten leben (über 80%). Telefon und Internet sind in der Region unterbrochen. Daher dringen nur wenige Informationen durch und Betroffene können ihre Verwandten nicht erreichen. Auch in Eritrea ist die Situation gefährlich: Durchgedrungen ist, dass den eritreischen Soldaten angehalten wurden, bereitzustehen. Studierende wurden ins Militärlager Sawa berufen und können nicht mehr erreicht werden; vermutlich wurden Mobiltelefone eingezogen.

  • Wie ist die Stimmung der Eritreer*innen in der Schweiz in Bezug auf den Konflikt? Ein Krieg ist von Eritreer*innen in der Schweiz generell nicht gewollt. Es wäre ein Krieg initiiert von der äthiopischen und eritreischen Regierungen und der TPLF, der den Interessen der Regierungen und nicht der Bevölkerung dient. Er würde insbesondere die Menschen an der Grenze treffen, welche bereits zu einer marginalisierten und armen Bevölkerungsgruppe gehören.

  • Was bedeutet das für die Politik und die Situation in Eritrea selbst (insbesondere in Bezug auf den „Friedensschluss“ und den Nationaldienst)? Eritreer*innen haben vermehrt darauf hingewiesen, dass das Friedensabkommen zwischen Eritrea und Äthiopien lediglich spezifischen Interessen der Regierungen dient und nicht den Interessen der Bevölkerung. So hat das Friedensabkommen bestehende Konflikte zwischen der marginalisierten TPLF und den Regierungen von Eritrea und Äthiopien nicht gelöst, sondern verstärkt. Dies zeigt sich in der jetzigen Eskalation. Es wird befürchtet, dass die Regierungen gemeinsam gegen die TPLF vorgehen, und der Militärdienst in Eritrea durch den Krieg weiter legitimiert wird. 


Wir danken Ihnen für ihre Kenntnisnahme. 

Freundliche Grüsse, 

Eritreischer Medienbund Schweiz

Forderungen

Angesichts der aktuellen Situation fordert der EMBS, dass nicht mit Rückführungen nach Eritrea gerechnet wird. Rückführungen nach Eritrea sind momentan aufgrund eines fehlenden Abkommens zwischen der Schweiz und Eritrea nur freiwillig möglich. Dennoch werden Asylgesuche von Eritreerinnen seit der Asylpraxisverschärfung 2016 vermehrt abgelehnt, und Eritreerinnen in die Nothilfe gestossen. Das Ziel: Eine freiwillige Rückkehr erzwingen. Eine “freiwillige” Rückkehr war bereits vor dem Krieg nicht zumutbar, und ist nun umso weniger vertretbar. Die Situation in Eritrea ist willkürlich und kann sich jederzeit verschärfen, solange das Eritreische Regime an der Macht ist. Das SEM soll dies in seinen Entscheidungen berücksichtigen und Eritreer*innen nicht ohne Perspektive in Rückkehrzentren verelenden lassen. 
Zusätzlich stellen wir uns gegen einen Krieg, der lediglich den Interessen der Regierungen dient und fordern den Frieden.

Bisherige Medienbeiträge: