Die Schweizer Eritrea-Politik der letzten Zeit ist von einer Negativhaltung geprägt, welche keine humanitären Lösungen anbietet. Erneut sorgt ein Entscheid des Bundesverwaltungerichts (BVG) für Aufruhr: Diese Woche entschied das BVG in einem Einzelfall, dass die Rückkehr nach Eritrea generell zulässig ist wenn die Person den obligatorischen Nationaldienst bereits absolviert hat oder geregelt davon entlassen wurde (den sogenannten Diaspora Status trägt). Auch bei diesem Entscheid ergeben sich die üblichen Bedenken, wie bereits bei den vergangenen Beschlüsse bezüglich Eritrea, so etwa schon im Juni 2016 oder im Beschluss des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) von Juni 2017. Im Juni 2016 beschloss das Staatsamt für Migration, dass die ledigliche Ausreise eritreischer Flüchtlinge aus ihrem Land nicht mehr als Asylgrund gilt. In einem Einzelfall im Juni 2017 stufte der EGMR die Wegweisung nach Eritrea als kein Verstoss gegen das Verbot von Folter ein (siehe Statement zum EGMR-Beschluss)
Eritrea gilt nicht als Rechtsstaat, weshalb die Folgen einer Wiedereinreise nicht kalkulierbar sind. Laut Quellen des BvG kann davon ausgegangen werden, dass der Nationaldienst in der Regel 5 bis 10 Jahre andauert. Gemäss Berichten der UNO und Amnesty International zieht sich der Dienst für Tausende seit 15 bis 20 Jahren, ohne Aussicht auf ein Ende. Ohne Gesetzesgrundlage im Land ist diese Argumentation also besorgniserregend.
Weiter sind die Quellen auf die sich das BvG stützt unzureichend: Sogar das oberste Gericht erklärt in einem Bericht, dass der Zugang zu Informationen schwer bzw. unmöglich ist. Während NGOs von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen und Zwangsarbeit sprechen, geben „Fact-Finding“ Berichte diverser Länder ein bedeutend positiveres Bild. Der Zugang zum Land wird von Eritrea blockiert, sodass bedeutende Organisationen wie die UNO nicht anwesend sind. Aufgrund dieser konträren Grundlagen ist es nicht nachvollziehbar, wie dieser Entscheid gefällt werden kann. Entscheide wie diese haben zudem bedenkliche Folgen: Da die Schweiz kein Rücknahmeabkommen mit Eritrea führt, ist die Rückführung abgewiesener eritreischer Flüchtlinge nicht möglich. Möglich ist lediglich eine freiwillige Rückkehr, was nur in seltensten Fällen geschieht. Trotz regelmässiger Negativ-Entscheiden bietet die Schweizer Asylpolitik keine Lösung an: Wer hier abgelehnt wurde, nicht aber zurück in sein Land kann, bleibt zwischen Stuhl und Bank. Kein Zugang zu Integration, Arbeitsmarkt und gleichen Rechten generiert Papierlosigkeit.
Wir sind der Meinung, dass Entscheide bezüglich Eritrea sich derzeit auf unzuverlässliche oder unzureichende Quellen stützen. Bis genügend Zugang zu Informationen durch beobachtende, unabhängige Organisationen möglich ist, fordern wir eine Revision der gefällten Beschlüsse. Zudem wächst die Dringlichkeit, die Aufenthaltsstatus zu reformieren.Wir bedauern die Ablehnung der Nationalratsvorlage von August 2017 durch die zuständige Ständeratskomission, welche eine Besserung des Status “Vorläufig Aufgenommen” eingeführt hätte. Jedem Mensch in der Schweiz soll Aufenthalts- und/oder Rechtssicherheit gegeben sein.